Perspektivwechsel – Wie Stadt und Bürger zusammen arbeiten können.
Dresden tut sich aus Bürgersicht traditionell etwas schwer, wenn es um eine kontinuierliche Zusammenarbeit im Wortsinn von „zusammen arbeiten“ zwischen Verwaltung und Bürger*innen geht. Beteiligungsformate erstarren häufig im alten Regelwerk von Planfeststellungsverfahren, Planauslegungen, Amtsblatt, Bürgerversammlung und Co. USER - ein europäisches Programm der URBACT-Reihe – kam deshalb als Herausforderung in die Elbestadt.
Allerdings eine Herausforderung auf Bestellung durch das Stadtplanungsamt/Abteilung EFRE-Projekte und mit dem Thema „Changes and conflicts in using public spaces“. Haupt-Projektinhalt waren die Bürger*innen Dresdens, Projektgebiet der „Westliche Innenstadtring“ mit Teilen der Wilsdruffer Vorstadt und der Friedrichstadt.
Menschen, die den öffentlichen Raum nutzen, sich mit ihm arrangieren sollen und sich in ihm verhalten müssen, wurden in USER zu „Macher*innen“ und „Planer*innen“ im gleichberechtigten Diskurs mit den städtischen Angestellten und mit Bezug zu öffentlichen Räumen, derer sie sich – aus den verschiedensten Beweggründen – besonders annehmen wollten. Das gleiche taten 8 weitere europäische Städte, von Riga bis Lissabon, von Pescara bis Kopenhagen. Die Partnerstädte trafen sich über 3 Jahre hinweg zum Informationsaustausch auf Seminaren und Workshops.
In Dresden ist diese Arbeit mehr als nur ein Anfang geworden, da sich USER an eine punktuelle Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Vor-Ort-Initiativen anschließen konnte. Als Erfolgsrezept der Kooperation in Dresden erwiesen sich einmal mehr thematische Kleingruppen (bis zu 10 Teilnehmern). Sie arbeiteten meist so konstruktiv und effektiv, dass diese Methode auch von anderen teilnehmenden USER-Städten positiv aufgenommen oder adaptiert wurde. Das Umweltzentrum Dresden war besonders in die Arbeitsgruppen „Schützengasse“, Bahnhof Mitte“ und „Konzept Placemaking“ involviert. Eine AG, die „halböffentliche Räume“ in Genossenschaftsanlagen zum Thema hatte, lief von Anfang an ins Leere, da keinerlei Veränderungsinteresse seitens der Genossenschaft und den Bewohner*innen bestand: zufriedene Bürger*innen gruppiert um öde Rasenflächen ohne jede Aufenthalts- oder Artenvielfaltsqualität... Wenn man hier mehr will, wird es gute Gründe brauchen.
USER und ähnlich geartete Projekte haben gezeigt: Ist der regelmäßige Draht zwischen Verwaltung und Bürger heiß, ist auch der Informationsfluss über das Projekt bzw. den eigentlichen, akuten Diskussionsgegenstand hinaus kontinuierlicher und damit besser gewährleistet als mit jeder Bürgerversammlung. Speziell in Dresden hat USER sicher auch dazu beigetragen, dass im Projektgebiet seit Juni 2015 ein Verfügungsfonds existiert, den ein Gremium aus Bürger*innen und Stadtverwaltung verwalten und zur Gestaltung der Bürgergesellschaft in Wilsdruffer Vorstadt und Friedrichstadt verwenden darf. 10.000 EUR Förderung sind im Topf und werden durch weitere 10.000 von privat aufgestockt. Stadtentwicklung nicht nur qua Wähler*in-Stimme, sondern mit echter Selbstbeteiligung, finanziell und/oder als Ideengeber.
Perspektivwechsel – eine USER-Ausstellung
Die Fotografien zeigen Momentaufnahmen öffentlicher Räume in der Friedrichstadt und der Wilsdruffer Vorstadt. Zwei Stadtteile, die so eng beieinander liegen und doch wenig verbindet; der Bahndamm an der Station Dresden Mitte ist für diese Trennung symbolisch. Mit dieser Ausstellung allerdings wird er zum Mittler zwischen beiden Vierteln. Die Betrachter*innen sollen die Perspektive wechseln und zwei Stadtteile neu entdecken, die sich gerade im Zeitraffertempo verändern! Die Fotograf*innen leben und arbeiten in der Friedrichstadt oder der Wilsdruffer Vorstadt und zeigen ihre Perspektive auf öffentliche und öffentlich zugängliche Räume in den Vierteln. Seit Mai 2015 im Bahnhof Mitte zu sehen.